
Die "Entwicklungsräume Inklusion" sind der neue heiße Scheiß in Sachen schulischer Inklusion in Baden-Württemberg: Die Schulämter gucken in ihrem Gebiet bestimmte Schulen aus, die dann im nächsten Schuljahr inklusiv arbeiten sollen. Wie war das mit "Inklusion ist Aufgabe aller Schulen und Schularten"? Davon ist wenig übrig. Zu wenig, meinen wir und haben dem Kultusministerium unsere Stellungnahme zugesandt mit der Bitte um eine fachliche und vor allem rechtliche Antwort.
Denn wir sind der Meinung: Die "Entwicklungsräume Inklusion" sind ohne Schulgesetzänderung rechtswidrig.
Hier unsere Stellungnahme:
1. Politische Aspekte
2. Rechtliche Aspekte
3. Kommunikations-Aspekte
1.
1.1.
Mit den „Entwicklungsräumen Inklusion“ hat sich aus unserer Sicht das Kultusministerium mit der Grundidee des Schulgesetzes von 2015, bei der inklusiven Beschulung vom Kind aus zu denken, verabschiedet. Was damals ausdrücklich nicht gewollt war, ist jetzt durch die Hintertür eingeführt worden: Die Schwerpunktschule.
Egal, woher später die Kinder mit Behinderung kommen, deren Eltern für Inklusion melden, legen sich Schulämter auf bestimmte Schulen fest („stimmen sich ab“), die im kommenden Schuljahr inklusiv arbeiten sollen. Das mag für Schulämter ein Fortschritt sein, die sich bisher gar keine Gedanken darüber gemacht haben, wie und wo sie Inklusion umsetzen wollen, weil sie meist zu Recht gehofft haben, dass die Eltern von diesem Wunsch „wegberaten“ werden. Es ist ja sicherlich kein Zufall, dass einer der ergänzenden Hinweise zu den Entwicklungsräumen auch die Pflicht zur „ergebnisoffene Beratung“ ist. Für andere Schulämter, die Inklusion sehr stark wohnortbezogen und sehr individuell umgesetzt haben, ist es ein Rückschritt.
Schon jetzt führen die „Entwicklungsräume“ dazu, dass Schulen Eltern sagen, „sie seien keine Inklusionsschule und deshalb nicht zuständig“, und dass Schulämter Eltern rückmelden, im Bezirk XY werde Inklusion „schon immer an Schule AB gemacht und nirgendwo anders.“ Wenn ihnen das nicht passe, gebe es ja immer noch die Sonderschulen… Wohnortnähe (Prämisse 2) ist also relativ und beliebig, zumal die Größe der Entwicklungsräume nicht vorgegeben ist.
Auch führt die Prämisse 3 (und so gut wie möglich gruppenbezogene (auch förderschwerpunktübergreifende) Angebote organisieren) dazu, dass Schulämter versuchen, auch möglichst viele zielgleiche Kinder mit Behinderung in die Gruppenlösungen zu zwingen, was ja im Schulgesetz so nicht vorgesehen ist (Umkehrschluss aus § 83 III Satz 3, 2. HS).
1.2. Mit den Entwicklungsräumen soll dem Koalitionsvertrag Rechnung getragen werden, „regionale Schulentwicklungsprozesse Inklusion zu initiieren“, so steht es im Erlass. Wir lesen im Koalitionsvertrag: „Inklusion ist Aufgabe aller Schulen und Schularten und ist für uns vorrangiges bildungspolitisches Ziel.“ (Seite 66) und von einem „Zeitplan für einen inklusiven Schulentwicklungsprozess“.
Dass dieser Prozess jetzt viele Schulen außen vorlässt und die Vorgabe der UN-BRK, dass Kinder „in the community“, also in ihrem sozialen Umfeld zur Schule gehen sollen, immer weniger erfüllt, darin sehen wir keinen Fortschritt – zumindest nicht für die Kinder. Schon bei den zieldifferenten Gruppenlösungen wurde gegen die UN-BRK verstoßen, jetzt trifft es alle Kinder mit Behinderung, für die ein Gremium, das die Kinder (noch) gar nicht kennt, die Entwicklungsraum-Schule aussucht.
2.
Vor allem sind wir der Auffassung, dass die „Entwicklungsräume Inklusion“ mit den geltenden Recht nicht vereinbar sind. Sie verstoßen gegen § 83 III Satz 3 und 4 SchulG und der gesetzgeberischen Idee, die hinter diesen Vorschriften steht.
§ 83 III Satz 3 und 4 geht vom Elternwunsch aus, denkt also vom Kind her: „Ausgehend vom Wunsch der Erziehungsberechtigten“ und „Einvernehmen mit den Erziehungsberechtigten anzustreben“. Absatz 4 auferlegt den Schulämter die Pflicht, wenn es vom Elternwunsch abweicht, nachzuweisen, dass an der „gewählten Schule“ die angemessenen Vorkehrungen nicht hergestellt werden KÖNNEN („die fachlichen, personellen und sächlichen Voraussetzungen zur Erfüllung des Anspruchs nicht geschaffen werden können“). Das muss das SSA also notfalls auch vor Gericht darlegen können.
Wie soll eine Schulverwaltung das tun, wenn die „gewählte Schule“ schon von vornherein gar nicht zur Debatte stand, weil man sich schon ein Jahr zuvor im Entwicklungsraum auf eine andere Schule focussiert und festgelegt hatte? Jedes Gericht wird erkennen, dass es diese Prüfung, die § 83 IV SchulG vorschreibt, nie gegeben hat.
All das zeigt, wie schon unter 1 dargelegt, dass das Schulgesetz anders gedacht war – nämlich ausgehend vom Kind und dem Elternwunsch. Das ist nun mit den „Entwicklungsräumen“ zu Ende.
3.
Die Entwicklungsräume Inklusion tangieren die Rechte der Eltern und Kinder stark, weil sie das Wahlrecht einschränken. Dieses neue „Konzept“ wurde aber Eltern bislang nicht vorgestellt oder veröffentlicht. Auf Seite 3 ist zwar von „Kommunikation“ und „Kommunikationsforum“ die Rede. Es bleibt aber offen, wer die Entwicklungsräume gegenüber den Erziehungsberechtigten kommuniziert, vor allem erklärt, und auf welche Weise das geschieht. Das ist misslich, zumal bislang ja nur ein interner Erlass vorliegt und sich auf der Seite des Kultusministeriums zu diesem Thema nichts finden lässt. Jedes Schulamt müsste das Konzept vorstellen und auch seine Entwicklungsräume veröffentlichen.

⌈als einzelner Link unter: https://www.lag-bw.de/archiv/schwerpunktschulen⌋
Parteien zur Wahl zu Inklusion (1/2025)Aussagen in den Parteiprogrammen zur Inklusion und unsere Einordnung:
https://www.bundestagswahl-bw.de/fileadmin/bundestagswahl-bw/2025/Parteien_und_Spitzenkandidierende/btw_2025_wahlprogramm-cdu-csu.pdf
Seite 58, 59, 61,60
"... Sport und Bewegung überstützen Integration und Inklusion."
"Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten der Teilhabe und Inklusion."
"Wir ... sehen neben Inklusionsangeboten auch Förderschulen als Bestandteil der Bildungswelt."
"wir stärken sowohl die Vermittlung auf den ersten Arbeitsmarkt als auch Inklusionsbetriebe und Werkstätten."
"Gesundheitssystem inklusiver gestalten..."
Unsere Einordnung:
Mit diesem Programm kommt Deutschland bei der Umsetzung der UN-BRK keinen Schritt voran. Im Gegenteil: Ganz klar wird am Sondersystem bei Schule und Arbeit festgehalten. Sport und Digitalisierung "unterstützen" und "eröffnen" zurzeit nur wenig Inklusion. Hier gilt es, Menschen mit Behinderung aktiv mitzudenken und Barrierefreiheit in jeder Hinsicht auch gesetzlich durchzusetzen, auch im Gesundheitssystem.
https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Beschluesse/Programm/2025_SPD_Regierungsprogramm.pdf
S. 43 und 34
"Nirgendwo sonst lassen sich Werte-Themen wie Respekt, Vielfalt, Inklusion und Zusammenhalt schöner erzählen und belegen als mit Sport."
"Wir wollen echte Teilhabe in einer inklusiven Gesellschaft."
"Barrierefreiheit im privaten und im öffentlichen Bereich verbessern." "Verwirklichung des gleichen Rechts auf Arbeit für Menschen mit Behinderungen. Dazu werden wir die Aufnahme einer Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verstärkt fördern und die Weiterentwicklung der Werkstätten für behinderte Menschen zügig umsetzen."
Unsere Einordnung:
Barriefreiheit auch im privaten Bereich durchzusetzen ist wichtig.
Wichtig ist auch das Recht auf Arbeit, aber NICHT in einer sparierenden WfbM. Es gilt laut UN-BRK nicht, diese weiterzuentwicklen, sondern durch echte geförderte Arbeitsplätze abzulösen. Und: Inklusion in der Schule fehlt ganz. Das Schulsystem soll, laut fit gemacht werden für die "Einwanderungsgesellschaft", aber soll es auch inklusiv werden? Schweigen...Den Sülz-Satz zum Sport kann sich die SPD übrigens auf ein Küchenhandtuch sticken lassen.
https://cms.gruene.de/uploads/assets/20241216_BTW25_Programmentwurf_DINA4_digital.pdf
S. 33, 49, 53
"Wir schaffen (in den Schulen) mehr Stellen... für Inklusion."
"Inklusion fördern wir mit unserer Sportpolitik."
"Wir richten eine Enquetekommission Inklusion ein."
"Wir wollen deshalb das heutige ausgrenzende Werkstättensystem in Richtung Inklusionsunternehmen weiterentwickeln."
"Wir wollen den Ausbau inklusiver Wohnformen vorantreiben und fördern."
Unsere Einordnung:
Immerhin eine halbe Seite zu Menschen mit Behinderung, allerdings alles sehr allgemein gehalten. Man hat einiges vor, aber wie? Darüber am
besten erst einmal in einer Enquetekommission nachdenken. Im Schulsystem reichen nicht "mehr Stellen", sondern ist ein Systemwandel nötig. Haben die Grünen den Mut dazu? Unklar. Und Inklusionsunternehmen sind sicherlich ein Mittel für Inklusion in der Arbeitswelt, aber nicht das einzige. Insgesamt ein bisschen dünne für eine Partei, die zumindest klar verspricht, die UN-BRK umzusetzen.
https://www.fdp.de/sites/default/files/2024-12/fdp-wahlprogramm_2025.pdf
S. 31, S. 24
"Olympische und Paralympische Spiele... zeigen, wie Sport verbindet und Werte wie Inklusion und Fairness sichtbar macht."
"Zudem fordern wir ein inklusives Bildungssystem von der Kita bis zur Berufsausbildung, indem sonderpädagogische Inhalte in die pädagogische Grundausbildung integriert werden. Wegen der unterschiedlichen Ausprägung von Behinderungen halten wir aber die Förderschulen für unverzichtbar, um allen individuellen Notwendigkeiten der Förderung gerecht zu werden."
Unsere Einordnung:
Zuerst einmal zum Mitschreiben: Paralympics (und special olympics) sind nicht inklusiv!!!
Im Schulsystem will die FPD, dass sich alle Lehrer*innen ein bisschen mit Sonderpädagogik beschäftigen, aber bitteschön nur für die weniger Behinderten an allgemeinen Schulen. Inklusion und Umsetzung der UN-BRK gehen anders.
"Eine Inklusion muss mit Augenmaß erfolgen, den Kindern Erfolgserlebnisse ermöglichen, darf aber Schüler und Lehrer nicht
überfordern und die Mitschüler nicht am Lernfortschritt hindern. Kinder mit besonderem Förderbedarf erhalten in der Förderschule eine umfassende Unterstützung, die die Regelschule nicht leisten kann.Die AfD setzt sich deshalb für den Erhalt der Förderschulen ein. Die Förderschule sollte wieder zum Regelfall für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden."
Unsere Einordnung:
Die AfD will den rollback: Zurück zum separierenden System der Sonderschulen als Regelfall für Kinder mit Behinderung.
Schluss mit inklusiven "Experimenten". Das passt zu Äußerungen führender AfDler über den "Irrweg" und "Belastungsfaktor", das "Ideologieprojekt" und die "Idioten". Nicht nur wir, sondern auch alle Sozialverbände, finden das menschenverachtend. Und mit UN-BRK hat das natürlich gar nix zu tun. Die ist wahrscheinlich auch nur ein "Ideologieprojekt"...
"Inklusion und Teilhabe - selbstverständlich".
"Wir wollen, dass Menschen mit Behinderungen an allen Aspekten des Lebens selbstverständlich teilhaben können."
"Barrierefreiheit umfassend herstellen"... "Bildung inklusiv machen - inklusives Lernen in allen Bildungseinrichtungen. Die Förderschulen müssen umstrukturiert und sonderpädagogisches Personal an Regelschulen flächendeckend eingesetzt werden."
"Arbeitswelt inklusiv machen...", "Inklusionsbetriebe brauchen bessere Förderung", "Mindestlohn auch in den Werkstätten."
Unsere Einordnung:
Die Linke widmet Inklusion und Teilhabe ein eigenes Kapitel. Und sie spricht Klartext: Deutschland verstößt bei der (Nicht-)Umsetzung der
UN-BRK gegen die Menschenwürde. Während andere Parteien sich eher bedeckt halten und floskelhaft formulieren, fordern die Linken viele konkrete Maßnahmen, zum Beispiel eine Beschäftigungspflicht von Menschen mit Behinderung ohne Ausgleichsabgabe. Und im Schulsystem taucht doch tatsächlich das "böse" Wort der "Umstrukturierung" auf.
https://bsw-vg.de/bundestagswahl2025/
S. 22 und 32
"Gleichzeitig braucht es mehr Anreize zur Schaffung barrierefreier Arbeitsplätze. Eine inklusive Arbeitswelt nutzt das Potenzial aller und stärkt den sozialen Zusammenhalt."
"Unser Ziel ist es, eine inklusive Gesellschaft zu fördern, in der alle Akteure einen Beitrag zur gemeinsamen Zukunft leisten können."
Unsere Einordnung:
Im Kurzprogramm suchte man die Begriffe "Inklusion" und "inklusiv" noch vergeblich. In der Langfassung nun zwei dünne Sätzchen.
Zum ersten Satz: Barrierefreiheit allein schafft keine inklusive Arbeitswelt.
Und zum zweiten Satz: Der ist Schwurbel pur.

Wir trauern um Stephanie Aeffner (1976-2025).
Immer wieder haben sich unsere Wege gekreuzt, zum letzten Mal in Genf bei der Staatenprüfung, aber auch im Landesbehindertenbeirat Baden-Württemberg oder bei vielen Hintergrundgesprächen und privaten Treffen. Wie kaum eine andere war es Stephanie Aeffner mit der Umsetzung der UN-BRK ernst, so ernst, dass sie auch immer wieder ihrer eigenen Partei aneinander geriet. Sie kämpfe für Inklusion und inklusive Bildung
und Arbeit und gegen Etikettenschwindel aller Art.
Solche Menschen brauchen wir mehr. Einer dieser Menschen fehlt jetzt. Steffi, wir vermissen dich!

⌈als einzelner Link unter: https://www.lag-bw.de/archiv/aktuell-lag/zum-tod-von-stephanie-aeffner-1-2025⌋
Herz ist eine Sprache (12/2024)Wenn junge Leute mit Behinderung einen ganz eigenen Weg gehen, um ihre Träume verwirklichen, finden wir das immer spannend und möchten das gerne unterstützen.
Henri Hirt, 21, mit Down-Syndrom, Sohn unserer 2. LAG-Vorsitzenden, hat jetzt sein erstes Buch veröffentlicht:
"Herz ist eine Sprache, die wir verstehen", ein Gedichtband.
Schon seit der 7. Klasse seiner inklusiven Schulzeit stand für ihn fest: Ich werde Schriftsteller.
Und diesem Ziel ist er jetzt ein großes Stück näher gekommen.
Wer sich für das Buch interessiert, dem vermitteln wir gerne den Kontakt. Mail an: beratung@lag-bw.de
Henri Hirt, Herz ist eine Sprache, die wir verstehen Gedichte.
Verlag: Edition Peter Schlack, Stuttgart
ISBN: 978-3-00-079172-7

⌈als einzelner Link unter: https://www.lag-bw.de/archiv/aktuell-lag/herz-ist-eine-sprache⌋

Das kann man beim Landesaktionsplan 2.0 zur Umsetzung der UN-BRK in BaWü
https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-sm/intern/downloads/Publikationen/Aktionsplan_UN-BRK_2024.pdf
lernen, wenn man sich den Bereich "Bildung" anschaut: 10 Ziele, und keins enthält die so dringend von der UN angemahnten systemischen Veränderungen. Kein Wort dazu, wie zum Beispiel das Sondersystem abgebaut werden soll (Fun-Fact: SOLL es ja in BaWü auch gar nicht!!!).
Was macht man nun also, wenn keiner merken soll, dass eigentlich nicht viel passiert? Ganz einfach: Man beschließt Ziele und Maßnahmen, die schon längst Realität sind. Das klingt dann aktivistisch, ist es aber nicht. Zum Beispiel der veränderte Organisationserlass, auf den das Ministerium so unglaublich stolz ist, der aber - das haben wir der Minsiterin im Sommer erläutert - kaum Wirkung entfaltet. Auch an den inklusiven Bildungsangeboten an Berufsschulen klöppelt das Ministerium schon seit Jahren herum, konnte sich aber bislang nicht zu einer Schulgesetzänderung durchringen, die dafür nötig wäre (Fun-Fact: WILL auch niemand ändern!!!). Und dass man mehr Sonderpädagog*innen ausbilden will und muss, sind Binsenweisheiten seit vielen Jahren. Dazu muss man nur ein bisschen rechnen können (Fun-Fact: Das KÖNNEN die Kids in BaWü ja angeblich gar nicht mehr...). Auch der Modellversuch Inklusion in KiTas des Forums Frühkindliche Bildung läuft bereits seit 2020 und für
die Bildungsfachkräfte des Zentrums für Inklusive Bildung der PH Heidelberg wurden die Dauerstellen ebenfalls vor mehr als 2 Jahren geschaffen. Dann noch ein bisschen Sport, internationale Zusammenarbeit und freundliche Gespräche der Landesbehindertenbeauftragten zur Sensibilisierung der Hochschulen mit in den Plan, das tut nicht weh. Und das war's dann.
All das haben wir übrigens schon im Beteiligungsprozess vorgetragen, zumindest solange wir dabei waren. Denn irgendwann, als die vom Ministerium bestellten Moderator*innen die Ergebnisse der Arbeitsgruppen unbedingt so darstellen wollten, wie offenbar von oben gewünscht, sind wir ausgestiegen. Denn: Wir lassen uns nicht benutzen!

⌈als einzelner Link unter: https://www.lag-bw.de/archiv/aktuell-lag/aktionsplan-10-2024⌋
LÜGEN-HEFT (6/2024)
Unser Heft "20 Lügen über schulische Inklusion in BaWü" liegt jetzt gedruckt vor. Wir verschicken es gerne.
Und so könnt ihr es bekommen: Schreibt eine Mail an beratung@lag-bw.de
Pro Heft berechnen wir 1,00 Euro Unkostenbeitrag plus Porto.
LAG-Mitglieder erhalten das Heft komplett kostenfrei. Örtliche Initiativen können es für ihre Mitglieder ebenfalls kostenfrei bei uns bestellen, Stückzahl nach Absprache.
Leider können wir unsere Druckwerke nicht mehr "gegen Spende" abgeben. Denn es sind nie Spenden eingegangen.
"Spende" heißt für die meisten offenbar "für umme". Deshalb nun die geringen Unkostenbeiträge, weil wir unseren Mitgliedern gegenüber zu einer sparsamen Haushaltsführung verpflichtet sind.

⌈als einzelner Link unter: https://www.lag-bw.de/archiv/aktuell-lag/luegen-heft-6-2024 ⌋
PUSTEKUCHEN (5/2024)"Großes Bildungspaket", "Umfassende Bildungsreform": Pustekuchen!
3 Anmerkungen:
1. Inklusion - wieder kein Thema
Inklusion kommt nicht vor. Dabei ist der Reformbedarf groß. Das weiß Frau Schopper. Aber Inklusion hat im KuMi keine Priorität.
Inklusion spielt wieder einmal keine Rolle bei der Reform. Erst vor 2 Monaten haben wir Frau Schopper angeschrieben und ihr zu "15 Jahre
UN-BRK" unsere wichtigsten Forderungen übermittelt. "Zukunftsfähige Schule" wird es nur in einem inklusiven Bildungssystem geben.
2. Elternwille - politische Verfügungsmasse
Elternwille, angeblich so wichtig, wird immer nur dann hervorgekramt, wenn es den Politikern passt. Oder er wird beerdigt.
Dass Eltern über die Schullaufbahn ihrer Kinder entscheiden, war im Ländle vor allem den Grünen mal wichtig. Jetzt nicht mehr. Aber mit dem vermeintlichen "Elternwillen" wird immer noch das UN-BRK-widrige Sonderschulsystem aufrechterhalten und sogar noch ausgebaut. Zweierlei Maß können wir.
3. Homogenität - ein (Alb)-Traum
Auf Vielfalt reagieren Politiker mit weiterer Separation. In BaWü und überall. Antworten haben sie nicht, nur populistische Ideen.
Das Gymnasium gilt es vor den "Doofen" zu schützen - und natürlich vor dem Behinderten, die die klugen Kids nur behindern. Das ist Grundtenor in BaWü und anderswo. So verschließen Politiker die Augen vor den Anforderungen an eine moderne pluralistische Gesellschaft. Ständedenken war gestern. Eigentlich.

⌈als einzelner Link unter: https://www.lag-bw.de/archiv/aktuell-lag/pustekuchen-5-2024 ⌋

Nun haben doch tatsächlich einige Organisationen und Privatpersonen, die den Offenen Brief zu #InklusiveBildungJetzt unterzeichnet hatten, eine Antwort erhalten.
Das Positive zuerst: Dass endlich geantwortet wurde, finden wir gut und wichtig. Zwei Ministerien haben sich zusammengesetzt und nicht nur drei dünne Zeilen formuliert.
Aber natürlich stellt uns die Antwort nicht zufrieden. Wir erwarten, wie im Brief beschrieben, ein deutliches, stärkeres und entschiedenes Engagement des Bundes. Wir haben jetzt wieder nur gehört: Wir tun doch, was wir können.
Nein, das tun weder das BMAS noch das BFBF. Aber sie können sehr gut Nebelkerzen auswerfen, vor allem das BMAS.
In der Antwort ist folgendes zu lesen:
"Das BMAS engagiert sich im Rahmen seiner Zuständigkeiten im Bereich Ausbildung. So wurde zum Beispiel bis zum 31. Dezember 2021 ein Projekt zum zertifizierten Berufsbildungsgang zur/zum Büropraktikerin/Büropraktiker Leichte Sprache gefördert - ein Bildungsgang, der Fähigkeiten und Kompetenzen im Büromanagement vermittelt und gleichzeitig zur Prüferin/zum Prüfer für Leichte Sprache qualifiziert. Ziel ist und war es, Menschen mit Lernschwierigkeiten den Zugang zum ersten Arbeitsmarkt zu eröffnen."
Schaut man sich die Internetseite des Projektes an https://www.fachkraft-leichte-sprache.de/bueropraktikerin-leichte-sprache an und recherchiert ein bisschen weiter, stellt man folgendes fest:
Von einem "Zugang" zum 1. Arbeitsmarkt kann also keine Rede sein.
SO kommen wir keinen Schritt weiter!

⌈als einzelner Link unter: https://www.lag-bw.de/archiv/aktuell-lag/eine-antwort-und-eine-nebelkerze-4-2024 ⌋
15 JAHRE UN-BRK (3/2024)Am 26.3.2024 gilt die UN-Behindertenrechtskonvention seit 15 Jahren in Deutschland.
Das ist kein Jubiläum zum Feiern - das haben wir sowohl in dieser Presseerklärung als auch in einem Brief an Kultusministerin Schopper zum Ausdruck gebracht:
Vor allem der Artikel 24 - inklusive Bildung - ist von einer Umsetzung noch weit entfernt. Das sehen auch der Behindertenbeauftragte Jürgen Dusel und die Monitoringstelle des Deutschen Instituts für Menschenrechte so und attestieren "dringenden Handlungsbedarf". Den sehen wir auch und vor allem in Baden-Württemberg.
Wir waren mit einer bundesweiten Elterngruppe in Genf zur Staatenprüfung und in Berlin zur BRK-Konferenz. Wir haben Offene Briefe geschrieben, aber wir haben nicht den Eindruck, gehört zu werden - weder vom Bund noch von den Ländern.
Auch in Baden-Württemberg kommt inklusive Bildung nicht wirklich voran. Wo wir, ausgehend von der UN-BRK und den Abschließenden Bemerkungen des UN-Fachausschusses, die Probleme und den Handlungsbedarf hier im Land sehen, haben wir unten und in der Anlage aufgeführt.
1. Das unzureichende Schulgesetz
Die Vorgaben der UN-BRK und die Aussagen der Abschließenden Bemerkungen:
Artikel 24 der UN-BRK schreibt vor, dass allen Kindern mit Behinderung gleichberechtigten Zugang zu einer hochwertigen Bildung in „der Gemeinschaft, in der sie leben“, ermöglicht wird.
Die Realität in Baden-Württemberg: In der Realität ist es vielen Kindern mit Behinderung verwehrt, an ihren Wohnortschulen zu lernen. Es werden „Zwangsgruppen“ an irgendwelchen Schulen, quasi Schwerpunktschulen durch die Hintertür, gebildet. Für diese und für ausgelagerte Sonderschulklassen fahren Kinder mit Behinderung in Bussen quer durch die Lande, Tag für Tag. Auch die normalen Berufsschulen stehen vielen nicht offen. Für einen Vorrang der Inklusion, die Abschaffung der Außenklassen und inklusive Anschlüsse an
die Sekundarstufe 1 fehlte den Schulgesetzesmachern 2015 der Mut. Der jetzigen Landesregierung fehlt dazu schon der Wille.
Dringend nötige Veränderungen: Jedem Kind mit Behinderung muss ermöglicht werden, in seinem sozialen Umfeld zur Schule zu gehen. Ohne Wenn und Aber. Dafür ist eine Änderung des Schulgesetzes in BaWü nötig, damit das Gesetz den Anforderungen der UN-BRK gerecht wird.
2. Das Sondersystem – die heilige Kuh in Baden-Württemberg
Die Vorgaben der UN-BRK und die Aussagen der Abschließenden Bemerkungen: Der UN-Fachausschuss ist „besorgt“ über die weite Verbreitung von Sonderschulen und Sonderklassen in Deutschland. Er fordert einen Plan zur Beschleunigung des Übergangs zu einem inklusiven Schulsystem.
Die Realität in Baden-Württemberg: Jede noch zu kleine Sonderschule wird in BaWü erhalten. Durch das Festhalten am Doppelsystem (Sonderschulen UND inklusive Schulen) fehlt
es vor allem für die Inklusion an Geld und Personal. Die Exklusionsquote – also die Zahl der Kinder, die an Sonderschulen lernen – ist in Baden-Württemberg seit Inkrafttreten der UN-BRK wieder gestiegen. Das ist ein Skandal. Einen Plan, dies zu ändern, gibt es nicht, schon gar keinen Zeit- oder Maßnahmenplan.
Dringend nötige Veränderungen: Das Sondersystem muss abgebaut werden. Es gibt kein „Elternwahlrecht“ für Sonderschulen, sondern nur das Recht (der Kinder) auf angemessene Vorkehrungen und damit ein hochwertiges inklusives Schulsystem, das allen Kindern gerecht wird.
3. Beteiligten und viel „altes Denken“
Die Vorgaben der UN-BRK und die Aussagen der Abschließenden Bemerkungen: Der Ausschuss stellt „falsches Verständnis“ und „negative Wahrnehmungen zur inklusiven Bildung“ auf allen Ebenen von Politik und Verwaltung fest.
Die Realität in Baden-Württemberg: In Baden-Württemberg setzen die Schulämter „Inklusion“ nach eigenem Gutdünken um. Etikettenschwindel ist an der Tagesordnung. Ausgelagerte Sonderschulklassen werden als „inklusiv“ verkauft, Eltern noch immer stark ins Sondersystem beraten und gedrängt. Das Kultusministerium schaut bei all dem zu. Es wird überwiegend noch immer von Menschen bestimmt, die sich viele Jahre als überzeugte Verfechter des Sondersystems positioniert haben und auch weiter die völlig inakzeptable Meinung vertreten, dass Sonderschulen legitimer Teil eines inklusiven Schulsystems sind. Lehrer*innen jammern mehr über Inklusion als dass sie sich fortbilden und auf diese menschenrechtliche Verpflichtung einlassen. Viele sehen Inklusion noch immer als „Kür“ an.
Dringend nötige Veränderungen: Wer Inklusion wirklich will, braucht auf allen Ebenen von Schulen und Schulverwaltungen Menschen, die Inklusion engagiert umsetzen statt sie zu boykottieren und schlechtzureden. Dafür haben die Landesregierung und das Kultusministerium zu sorgen: Durch angemessene Personalausstattung, Fortbildung, aber vor allem durch eigene (!) Klarheit und Führung.
Quellen:
Artikel 24 UN-BRK (deutsche Fassung)
https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsschutz/datenbanken/datenbank-fuer-menschenrechte-und-behinderung/detail/artikel-24-un-brk
Abschließende Bemerkungen des UN-Fachausschusses 2023 (englische Fassung)
https://tbinternet.ohchr.org/_layouts/15/treatybodyexternal/Download.aspx?symbolno=CRPD%2FC%2FDEU%2FCO%2F2-3&Lang=en

⌈als einzelner Link unter: https://www.lag-bw.de/archiv/aktuell-lag/15-jahre-un-brk-3-2024 ⌋

Kirsten Ehrhardt (Vorstand) und Mary Buch nahmen für unsere LAG BW GLGL an der Konferenz "Neuer Schwung für die Umsetzung der UN-BRK" in Berlin und den begleitenden Elternprotesten teil. Die Gruppe, die auch schon zur Staatenprüfung nach Genf gereist war, startete morgens am Kanzleramt (Foto). Mittags wurde das Transparent "Schämt euch" sowohl vor dem Berliner Congress Center als auch innen ausgerollt. Kirsten Ehrhardt gab zum Thema inklusive Bildung ein Interview im Deutschlandfunk:
https://www.deutschlandfunk.de/eltern-fordern-mehr-anstrengung-bei-inklusion-interview-kirsten-ehrhardt-dlf-ba089e3a-100.html
Die Abendschau im rbb brachte einen kleinen Bericht und das Foto wurde bei Spiegel online veröffentlicht. Die Eltern hatten auch Lose für die Teilnehmenden der Konferenz mitgebracht unter dem Motto "Inklusions-Lotterie": Leider gab es nur Nieten. Unsere Teilnehmerinnen waren zufrieden: "Wir waren unüberhörbar und unübersehbar."